Star Trek: Schrödingers Meetings via Holografie

Star Trek: Schrödingers Meetings via Holografie 

Meine Leidenschaft beim Prokrastinieren + die unselige Vorliebe für Star Trek haben in mir einige ungelöste Beam-Fragen aufgeworfen. Bis es da zu einem griffigen Regelwerk kommt und der Erfindung des Beamens an sich (VDI – was ist los mit Dir?), schauen wir uns die Use Cases für Holografie mal an: 

  1. Holografie für hybride Treffen: Längst haben wir uns an Gespräche gewöhnt, wo manche geistig anwesend und physisch ganz wo anders (daheim; Strand; Barcelona) sind. Den umgekehrten Fall gibt es natürlich auch. Die Holografie könnte dazu dienen, den restlichen Anwesenden das Gefühl zu vermitteln, der Gesprächspartner sei anwesend, voll dabei, so „komplett“ wie möglich. Dazu muss die Information des Strandsitzenden möglichst synchron an die Meeting-Raum-Sitzenden übertragen werden (Bild/Ton). Wie der Strandsitzende dann seine Gesprächskollegen wahrnimmt, wäre die Frage. Von Stränden mit holografischen Projektoren hat man bisher noch nicht so viel gehört. Aber möglicherweise ließe sich das durch eine VR-Brille lösen? 
  1. Holografische Meetings: Man könnte sich nun vorstellen, dass ALLE am Strand sind (jeder an einem anderen) und KEINER im Meeting-Raum. Dann könnten sich via besagter VR-Brille ALLE am Strand/im Meetingraum/in der Gondel eines virtuellen Riesenrads treffen – die Information, wie es dort aussieht, müsste wahrscheinlich künstlich erzeugt und allen in die Brille gespielt werden, gemeinsam mit den Infos der anderen Gesprächsteilnehmenden. Es sind also alle gleichzeitig da und nicht da. Lasst uns sowas „Schrödingers Meeting“ nennen! 
  1. Dass ein Experte oder eine Expertin nicht mehr physisch herumreisen muss, sondern „nur“ Wissen, Stimme und virtuelle Gestalt transportiert werden, ist via Holografie problemlos möglich. Schwierig ist jedoch, dass die holografierten Personen dort nicht wirken können: Sie können z. B. keine Gegenstände heben – dazu muss es entsprechendes Equipment am Zielort geben, wie z. B. das Da Vinci-Operationssystem, das jedoch stark zweckgebunden ist. Eine Manipulation der gesamten Umwelt ist nicht möglich. So kann ein Arzt oder eine Ärztin einen Schnitt mit dem Skalpell machen, aber nicht aus dem Raum gehen und nebenan ein anderes Instrument holen – das muss jemand anderes tun. 

Diese Fälle unterscheiden, ob nur Wissen/Sprache einer Person transferiert werden muss, ob diese Person über den Zielort Informationen zurückerhalten muss (bzw. welche) und ob eine Interaktion (und welche) mit der physischen Welt nötig ist. Interessanterweise kommt holografische Projektion bei Star Trek erst in den neueren Folgen vor, z. B. der Admiral, der sich mal eben ganzkörperlich auf die Discovery schaltet, um mal ordentlich zu schimpfen. In den älteren Star Trek-Folgen gab es entweder Bild/Ton-Übertragung einer Person auf einen Bildschirm oder gleich Beamen – alles oder nix! 

Auf der Voyager gibt es das Holodeck als Ort, an dem geforscht, aber auch gefreizeitelt wird. Es gibt sogar Folgen, wo das ziemlich aus dem Ruder läuft, z. B. in der Voyager-Folge „Fair Haven“ (6X11). Tom Paris, der alte Tüftler, hat für die Crew eine Fantasiewelt in Form eines malerischen irischen Dörfchens gebaut. Die Voyager hängt ohnehin gerade in einem stellaren Monstersturm fest, so dass ein bisschen Ablenkung für die Crew willkommen ist. Das Ganze wird kompliziert, als Captain Janeway sich in der Wirt des Pubs Ox & Lamb, Michael Sullivan, verguckt. Da er „nur“ ein Hologramm ist, kommt sie zügig auf die Idee, ihn ein bisschen zu optimieren: Er bekommt das Bildungspaket Extra Gold Plus verpasst, wächst ein bisschen und statt Zausel bekommt er einen sexy Dreitagebart. Und wo wir gerade dabei waren, löscht Janeway auch noch dessen Frau aus dem Programm. Nun ist die Bahn frei für die holografische Romanze. 

Das Ganze berührt den Aspekt der Immersion, welcher das „Eintauchen“ in eine künstliche Welt beschreibt. Je perfekter die Simulation der Welt, umso realer wird sie empfunden und umso stärker ist der Grad der Immersion. Der Begriff ist aus Computerspielen bekannt, aber auch Live-Rollenspiele (LARP) sind geeignet, eine künstliche Realität als „echt“ zu erleben. 

Hübsch am Holografieren ist, dass das Zusammenarbeiten über weitere Entfernungen zwar nicht einfacher wird (denn es geht ja heute schon), aber dass es sich realistischer anfühlt. Wir kennen alle das Gefühl, dass es für manche Themen und Aufgaben besser ist, sich mal "live" zusammenzusetzen. Könnte davon einiges durch holografische Projektion verbessert werden? Ob es z. B. für Oma "echt" wäre, wenn wir per Holografie öfter mal vorbeischauen würden? Wie echt ist das? Und gibt es "zu echt", so dass man aus der Fantasiewelt nicht mehr heraus möchte (wie z. B. aus Fair Haven)? 

Das bringt uns zu den Risiken: In dem Maße, in dem wir Treffen, Gespräche, kurz: Interaktion holografisch erledigen, reduziert sich der "echte" Austausch. Außerdem können wir uns eine interessante Mischung an Gefahren vorstellen, die darüber hinausgehen, dass wir die eigenen vier Wände nicht mehr verlassen: Wer sagt uns, dass das projizierte Hologramm wirklich die Person ist, die sie vorgibt zu sein? Ist es wirklich Elvis, der auf der Party auftritt (ja, ER LEBT!)? Gilt es vor Gericht als Alibi, dass mein Hologramm gerade in ein Gespräch mit dem Kollegen vertieft war, während jemand mit meinem Aussehen eine Straftat begangen hat? 

Eine Menge zu bedenken, aber... spannend wär's, oder? 

Live long and prosper! 

Gudrun 

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